Niedersächsisch-Westfälische Anglervereinigung e. V. (NWA) gegründet 1918
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Die Edelkrebse werden vor dem Aussetzen noch einmal fachkundig begutachtet (von links: W. Rötker, M. Pfennigschmidt, H. Ferch und M. Hammermeister)..
Fast 10 Jahre ist es her, da wurde der gesamte Edelkrebsbestand in der Nette (Ruller Flut) vernichtet. Mehrere hundert tote Edelkrebse wurden damals gefunden, die dem Erreger der Krebspest zum Opfer gefallen waren. Ein herber Verlust für das Osnabrücker Land, aber auch darüber hinaus. Denn das Bundesamt für Naturschutz (BfN) hatte den Edelkrebsbestand in der Nette einem FFH-Bericht aus 2013 zufolge als letztlich verbliebenen autochthonen Europäischen Edelkrebsbestand in der Flussgebietseinheit Ems bezeichnet. Deswegen wollte die NWA 2013 sogar ein Artenschutzprogramm mit dem Ziel starten, weitere Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Ein ganzjähriges Fangverbot hatte die Angelvereinigung schon seit Jahren vereinsintern erlassen.

Unbekannte hatten offensichtlich unerlaubt Signalkrebse eingesetzt, die Träger der Krebspest und im Gegensatz zu den Edelkrebsen dagegen selbst immun sind. Die Biologische Gewässerkommission der NWA beschäftigt sich bis heute unter Federführung von Maik Gemüth und Manfred Pfennigschmidt mit der Situation. Immer wieder werden zahlreiche Krebsreusen ausgelegt, um den Bestand des invasiven Signalkrebses in der Nette (Ruller Flut) zu reduzieren. Der Signalkrebs bedroht unter anderem auch die Brut der wertvollen Kieslaicher wie Bachforellen, Mühlkoppen und Elritzen. Der Signalkrebsbestand hat sich aber im Laufe der letzten Jahre explosionsartig vergrößert und ausgebreitet. Ein Kampf gegen Windmühlen. In einer Nacht werden jetzt so hunderte Signalkrebse gefangen, die dem Gewässer entnommen, verzehrt oder zum Osnabrücker Zoo gebracht werden. Dort freuen sich die Fischotter über die abwechslungsreiche Mahlzeit.

Bei einer Krebsbereusung in der Nacht vom 29. auf den 30.06.2018 wurden zum Erstaunen der Mitglieder der Biologischen Gewässerkommission neben zahlreichen Signalkrebsen auch zwei Edelkrebse im Bereich der Straße „Zum Gruthügel“ und „Kloster Rulle“ gefangen. Diese wurden zunächst wieder zurückgesetzt. Nachdem am 13.07.2019 ein weiterer Edelkrebs in eine Reuse ging, entwickelte sich die Idee, die Edelkrebse bei weiteren Fängen zu entnehmen, um den Bestand zu sichern und zu vermehren. Am 28.09.2019 war es dann soweit. Gleich drei Edelkrebsweibchen wurden gefangen und zur Quarantäne in ein Becken verbracht. Jetzt fehlte nur noch ein Edelkrebsmännchen. Das wurde bei der letzten Aktion im gleichen Jahr gefangen.

Die Edelkrebse wurden in die Obhut unseres Vereinsmitglieds Dipl. Ing. Wolfgang Rötker gegeben, der über ein umfangreiches Fachwissen und überregionales Netzwerk verfügt, was Krebse anbelangt. Am 16.03.2020 schlüpften die ersten Nachkommen, die sich bis vor kurzem in einem etwa 20 m³ Außenbecken auf dem Anwesen von Wolfgang in Badbergen weiter vermehrten. Da die jungen Edelkrebse spätestens 2022 in ein größeres Gewässer umgesiedelt werden mussten, schaute man sich nach einem geeigneten Teich um. Der sollte folgende Voraussetzungen haben:
- kein Besatz mit Raubfischen, insbesondere Aal (kein Fischgewässer),
- keine Nähe zu Gewässern (insbesondere Fließgewässern) mit invasiven Krebsen,
- keine Wasserbelastung durch Pestizide oder Insektizide,
- keinen schlammigen Untergrund,
- eine Wassertemperatur in den Sommermonaten von > 16 ° Celsius, zur Entwicklung
der Geschlechtsorgane,
- eine Teichtiefe von mindestens einem Meter zum Überwintern,
- eine gute Uferstruktur mit Steinen, Wurzeln etc. zum Verstecken,
- Uferkanten mit grabfähigem Boden zum Buddeln von Höhlen,
- ufernahe Laubbäume als Nahrungszusatz,
- einen dauerhaften, eigenen Zugriff und Verantwortung in Form von Eigentum.

Da kein Gewässer mit diesen hohen Anforderungen gefunden wurde, kam die Idee auf, selbst einen kleinen Teich zu bauen. Nachdem der Vorstand grünes Licht gegeben hatte, wurde ein wasserbehördlicher Antrag beim Landkreis Osnabrück und ein Antrag auf Förderung eines naturnahen Kleingewässers bei der Naturschutzstiftung des Landkreises Osnabrück gestellt. Auf der Wiese einer Teichanlage der NWA entstand so ein etwa 1.000 Quadratmeter großer, fast ausschließlich fremdfinanzierter Krebsteich. Im Oktober 2022 wurden die Edelkrebse schließlich nach längerer, nötiger Vermehrung dort eingesetzt. Es versteht sich von selbst, dass das Angeln und Betreten des Edelkrebsteiches aus seuchenhygenischen Gründen verboten ist.

Inzwischen ist auch die Untere Naturschutzbehörde des Landkreises Osnabrück sehr an dem Artenschutzprojekt der NWA interessiert und plant im oberen Bereich der Ruller Flut eine Krebssperre zu installieren. Dort ist der Fluss noch nicht mit Signalkrebsen bevölkert. Ein Teil der Edelkrebse sollen dann 2023 oberhalb der Sperre ausgesetzt werden, falls das die Wasserwerte zulassen. Begleitend soll untersucht werden, ob die Edelkrebse eventuell gegen den Erreger der Krebspest resistent sind. Das wäre allerdings eine kleine Sensation.
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Maik Gemüth und Michael Hammermeister legen vor dem Aussetzen der Edelkrebse noch ein paar Röhren als Versteckmöglichkeiten aus.



Die Edelkrebse werden behutsam in den Teich gesetzt.


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